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Auswahl und Charakterisierung von Dermatika

Generell werden Dermatika gemäss des Emulsionstypus, Lipidgehaltes und der Okklusivität für jeweilige Hautzustände von den Dermatologen ausgewählt. Bei chronischen Hauterkrankungen werden oft Kohlenwasserstoff-basierende Salben (-Grundlagen) favorisiert, da diese im besonderen okkludierende und schützende Eigenschaften besitzen. Obwohl solche Salben als Emollients extrem nützlich sind, ist ihr Wert als topisches Freisetzungssystem (auch bei Magistralrezepturen) durch die relative Insolubiliät vieler Arzneistoffe limitiert. Bis zu einem bestimmten Maß ist es möglich die Arzneistofflöslichkeit durch Verarbeitung von mit Kohlenwasserstoff-mischbaren Solventien wie Isopropylmyristat oder Propylenglykol zu erhöhen. Wasserfreie Mischungen stellen zumeist sehr klebrige fettige Formulierungen dar, die eine hohe Okklusion auf der Haut aufweisen.

Weitaus elegantere Einphasensysteme stellen polare Gel-Formulierungen dar. Da diese meist auf Wasser- und /oder Alkoholbasis (Hydrogel, Hydro-alkoholisches Gel) und im allgemeinen fettarm oder sogar fettfrei rezeptiert sind, werden Gele nicht in den klassischen Indikationen Psoriasis und Ekzeme zum Einsatz gelangen. Sinnvoll ist dieser Formulierungstyp bei der Applikation von Antiallergika, Repellentien sowie Antiphlogistika und in der Indikation Akne oder auch Rosacea.
Es gibt eine große Varietät an Gelbildnern zur Andickung von Lösungen und Suspensionen. Sie bieten die Möglichkeit für zahlreiche Variationen. Dabei sind neben Cellulose-Derivaten, Polysaccharid-Gums und anderen die Akrylatpolymere (Carbomere) am extensivsten genutzt. Der Nachteil von Polyacrylat-Gelen ist ihre Elektrolytempfindlichkeit u.a. im Hinblick auf ihre Anwendungseigenschaften auf der Haut. Wird in einem Hydrogel zusätzlich noch eine Lipidphase dispergiert, so spricht man von einem Emulsionsgel (Creme-Gel; Emulgel), wobei es sich galenisch häufig um eine Quasiemulsion handelt, da die Lipidphase primär durch die hohe Viskosität der Wasserphase immobilisiert wird. Ebenso denkbar ist die Suspension von wasserunlöslichen Stoffen in Hydrogelen (Suspensionsgel).

Cremes (Emulsionen, wasserhaltige Salben) haben als disperse Systeme den höchsten Anteil unter den wasserhaltigen Formulierungen. Aufgrund ihrer gut einstellbaren Eigenschaften decken sie zudem eine große Bandbreite für die Anwendung an verschiedenen Hautzuständen ab. Grundsätzlich kann bei der Emulsionsbildung Wasser sowohl als äußere Phase (zusammenhängend) erscheinen als auch die innere, zerteilte Phase bilden. Im ersten Fall spricht man von Öl-in-Wasser-Emulsionen (O/W), im zweiten Fall von Wasser-in-Öl-Emulsionen (W/O). Dabei hat die Wahl des Emulsionstyps eine gewisse Bedeutung im Hinblick auf die Therapie oder Pflege der Haut in den verschiedenen Indikationen. Wasser-in-Öl-Emulsionen entsprechen essentiell den physiologischen Bedingungen, da der Hydrolipid-Film der Haut grundsätzlich auch in Form einer W/O Emulsion vorliegt. Der W/O Emulsionstyp ist aus dermatologischer Sicht der effektivere, weil viele Wirkstoffe eher lipidlöslich sind und im allgemeinen besser bioverfügbar gemacht werden können. Daneben wird ein Feuchtigkeitstransport in die Epidermis begünstigt, was durch eine leichte Okklusion des feinen Fettfilmes nach Applikation unterstützt wird. Die kosmetische Akzeptanz der W/O-Systeme ist im allgemeinen schwächer als bei Öl-in-Wasser-Emulsionen, das die verwendeten Lipidgemische in fein verteilter Form zum Einsatz gelangen und somit ihre zum Teil klebrigen und fettigen Eigenschaften deutlich weniger zur Geltung kommen. Der direkte Kontakt der äußeren Wasserphase mit der Haut führt zudem zu einem stärkeren Verdunsten des Wassers, was bei der Applikation kühlend wirkt. Auf der anderen Seite ist untersucht worden, dass O/W Emulsionen häufig mittels der tensidartigen Wirkung der notwendigen Emulgatoren, Feuchtigkeit vorzeitig der Haut entziehen, da nach Verdunsten des Wassers die häufig verwendeten PEG-Emulgatoren das natürliche Hautfett lösen, die einen wichtigen Beitrag zur Feuchtigkeitsbindung leisten. Deshalb kommt der Auswahl der Emulgatoren und der Verwendung von feuchtigkeitsbindenden Substanzen hier besondere Bedeutung zu. Dennoch machen die O/W Cremes/Lotionen ca. 95% des Anteils an Produkten im Kosmetischen Markt aus, da sie im allgemeinen wegen ihrer vorteilhaften Anwendungseigenschaften vom Verbraucher bevorzugt werden. Für die Anwendung an gesunder Haut sind O/W-Emulsionen, insbesondere wenn mit Feuchthaltemitteln (Moisturizer) und hautkompatiblen Lipiden rezeptiert für die Hautpflege und im Anti-Aging Segment im Hinblick auf Effektivität grundsätzlich eine gute Wahl.
Die schematische Vorstellung von Öltröpfchen in Wasser (O/W) oder Wassertröpfchen in Öl (W/O) stellt sich in der Realität komplizierter dar. Von entscheidener Bedeutung für die Strukturen von Emulsionen ist der Aufbau der zahlreichen Schichten der Emulgatorfilme, die an den Grenzflächen zwischen beiden vermischten Phasen wirken. Diese multimolekularen Strukturen bilden kristalline oder flüssig-kristalline Bereiche aus und weisen hexagonale oder lamellare Strukturen und beeinflussen somit die Phasenverteilung.



Sogenannte Absorptionsbasen sind Salbengrundlagen, die von Ihrer Systematik zwischen wasserhaltigen und wasserfreien Systemen angesiedelt sind. Derartige Basen werden von zahlreichen Herstellern für die Verwendung in Magistralrezepturen angeboten. Meist handelt es sich hierbei um Kohlenwasserstoffmischungen (Paraffin, Vaseline), die mit dem Ziel einer höheren Wasseraufnahem mit z.B. PEG-Emulgatoren, Wollwachsalkoholen (Lanolinalkoholen), Glycerylfettsäureestern und/oder Fettalkoholen rezeptiert sind. Wollwachsalkohole sind variable Mischungen von flüssigen und festen Fettalkoholen, Fettsäuren sowie Wachsestern tierischen Ursprungs, bei denen selbst auf gesunder Haut verstärkt sensibilisierende Wirkung beim Menschen, insbesondere bei Kindern, festgestellt werden mußte. Dieses allergene Potential ist auf die enthaltenen Lanolinalkohole zurückzuführen. Heute sind Lanoline erhältlich, die einen stark reduzierten Lanolinalkoholanteil besitzen und damit kein nennenswertes Sensibilisierungspotential mehr besitzen. Da Lanolin-Mischungen eine sehr hohe Hautkompatibilität aufweisen und gute Moisturizing-Eigenschaften besitzen haben sie einen großen Nutzen für den Einsatz in Dermatika. Leider sind Wollwachsderivate im allgemeinen aufgrund des anhängigen Negativ-Images in der Industrie-Entwicklung schwerer durchsetzbar.

Emulgatorfreie Systeme sind vor geraumer Zeit in der Kosmetikindustrie entwickelt worden. Der Begriff emulgatorfrei bezieht sich hier auf die Abwesenheit von klassischen Emulgatoren/Tensiden.
Bei emulgatorfreien Systemen ist immer die Lipidphase in Wasser dispergiert. Die Stabilisierung erfolgt z.B. anhand von quervernetzten Acrylsäurederivaten (z.B. Acrylates/ C10-30 Alkylacrylate Crosspolymer, Pemulen), deren lipohile Domänen in der Ölphase verankert sind; die hydrophileren Molekülreste der Makromoleküle befinden sich in der Wasserphase. Sodurch entfalten diese Verbindungen ebenfalls eine Grenzflächenaktivität. Zusätzlich besitzen die Hilfsstoffe nach Neutralisation ihrer Säuregruppen ein ausgeprägtes Quellvermögen, wodurch aufgrund der hierdurch resultierenden Viskositätserhöhung der Wasserphase eine zusätzliche Stabilisierung der Formulierung erzielt wird. Im Vergleich zu herkömmlichen Emulsionssystemen ist die Teilchengrösse der dispergierten inneren Phase deutlich größer, dies ändert jedoch meist nichts an den kosmetisch attraktiven Produkteigenschaften von emulgatorfreien Emulsionssystemen. Lediglich die Elektolytempfindlichkeit von quervernetzten Acrylsäurederivaten kann sich wie bei den Carbopolen negativ auf die Applikationseigenschaften auswirken. Nach Applikation auf der Haut, wird die durch Quellung entstandene Gelstruktur aufgrund der im Hautschweiß enthaltenen Ionen komplett zerstört. Die nach Aufbruch der Gelstruktur auf der Haut befindliche freie Wasserphase verdampft schnell, so dass bei Auswahl einer gut spreitenden Lipidkomponente ein dünner Lipidfilm auf der Haut zurückbleibt. In dieser Phase gelöste Wirkstoffe können somit effektiv an die oberen Hautschichten gebunden werden.
Ein weiterer Vorteil von emulgatorfreien Systemen ist Ihre gute Sprühbarkeit. Diese Eigenschaft in Verbindung mit der Abwesenheit von klassischen Emulgatoren ermöglicht die Entwicklung von kosmetisch attraktiven Sonnenschutzmitteln.

Bei Multiplen Emulsionen handelt es sich um Emulsionen vom Typ Öl in Wasser in Öl (O/W/O) oder Wasser in Öl in Wasser (W/O/W). Dreiphasensysteme bieten im Idealfall die Möglichkeit inkompatible Inhaltsstoffe mit ähnlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften durch Kompartimentierung zu trennen.

Liposomen stellen kolloidale Systeme dar, die aus vesikelbildenden Phospholipiden bestehen. Die Vesikel können uni- oder multilamellar (ein bzw. mehrschichtig) sein, wobei stets ein hydrophiler Kern umschlossen wird.

Im Gegensatz hierzu besitzen Nanoemulsionen einen hydrophoben Kern, der von Phospholipiden und/oder Tensiden umgeben ist. Eine Sonderform stellen Solid Lipid Nanoparticles (SLN) dar, die einen festen Lipidkern enthalten.
Sowohl Liposomen, als auch Nanosomen befinden sich meist in einer Wasserphase, die gegebenenfalls in halbfeste Formulierungen eingearbeitet werden kann.
Diese intensiv erforschten Systeme wurden ursprünglich als Drug Delivery und Drug Targeting Systeme entwickelt. In den meisten Fällen wurde diese hochgesteckte Erwartung nicht erfüllt, was sich in der überschaubaren Anzahl von auf diesen Systemen basierenden Formulierungen widerspiegelt. Liposomen können für wasserbasierte topische Systeme interessant sein, in die schwer wasserlösliche Verbindungen in niedriger Dosierung eingearbeitet werden sollen (z.B. Sprays).Nanosomen und Solid Lipid Nanoparticles haben trotz zahlreicher Formulierungsversuche und mannigfaltiger Anwendungstests bis dato keine Bedeutung für die Entwicklung von halbfesten Arzneimitteln erlangt.
Die für Liposomen verwendeten Hilfsstoffe sind sehr kostenintensiv, was die Verwendung derartiger Vehikel zusätzlich einschränkt. Die industrielle Herstellung von liposomalen Formulierungen wird darüber hinaus noch durch den teuren Herstellungsprozess und die im Vergleich zu anderen halbfesten Arzneiformen aufwendigeren Stabilitätstests der Liposomen erschwert.

Mikroemulsionen haben aufgrund ihrer Zusammensetzung, einer komplexen Mischung aus Emulgatoren und Coemulgatoren, gute Lösungseigenschaften schwer lösliche Wirkstoffe. Hinzu kommt, dass bei Auswahl eines geeigneten Emulgatorsystems ein Enhancereffekt erzielt werden kann. Deutlicher Nachteil dieser Formulierungen ist das hohe Hautirritationspotential, das durch das Emulgatorsystem bedingt ist. Hinzu kommt die geringe kosmetische Eleganz dieser Formulierungen. Mikroemulsionen spielen daher sowohl in der Dermatologie, als auch in der Kosmetik eine untergeordnete Rolle.

Schaumformulierungen besitzen neben ihrer guten Spreitbarkeit den Vorteil einer druckfreien Applikation auf der Haut. Dies ist insbesondere für stark geschädigte Hautareale (z.B. bei Verbrennungen) von Vorteil. Selbst kosmetisch wenig elegante Hilfsstoffe wie Kohlenwasserstoffe können durch Aufschäumen in eine kosmetisch elegante Form gebracht werden.



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